Erzählungen und Gedichte
Gut, dass ich lernen musste, über meinen Tellerrand zu schauen, schreibt die Autorin in einer der Geschichten. Ursula Maria Djaschi verbindet eigenes Erleben stets mit dem Entdecken des Besonderen. Dabei ist nicht alles autobiografisch, wohl aber immer aus eigener Erfahrung geboren, verarbeitet und niedergeschrieben. Das macht die Geschichten lebendig. Vieles hat eine zweite Ebene, die dem Text einen unerwarteten Dreh gibt und den Gedanken des Lesers auf die Sprünge hilft. So bekommt eine Liebesgeschichte mehrere dramatische Wendungen, die Anlass zu gedanklicher Tiefe sind. So ist vieles amüsant und ernüchternd zugleich, ohne dass die Autorin den mahnenden Zeigefinger in die Höhe reckt.
Dass sie Lyrisches einstreut, macht das vorliegende Buch bei aller Themenvielfalt bunter, unterhaltsamer und noch lesenswerter.
Textauszug:
Die Frau am Fluss
...Schwindel verdreht meine Beine. Ich bin nicht betrunken, aber es fühlt sich so an. "Verdammt", fluche ich, "wer erdreistet sich, so in mein Leben einzugreifen?" Versammeln sich Gespenster um uns, wenn wir älter werden? Fordern sie Rückblicke ein, um der Zukunft willen? Spüre Angst, verloren zu gehen, wenn ich mich finde.
Ihr Umschlagtuch eng um Kopf und Schultern gewickelt, sitzt sie wie eine Mumie da. Gedankenläufe fordern: Ist das Leben in einen Langzeitversuch gepresst? Wer hat diese Farce in Auftrag gegeben? Denken Tiere im Versuchsprogramm darüber nach? Haben sie eine Chance? Sie sind früher am Ende als wir. Grenzen kommen uns weit gesteckt vor, sind es aber nicht. Das Versuchsprogramm greift. Wenn man anfängt, Zusammenhänge zu verstehen, wird der Lebenssaft abgedreht...