Barbara Tetzner gewährt den sinnlichen Blick hinter die Kulisse der überlegenen, anderen Seite: den der Ärztin gegenüber.
Tod und Geburt liegen so eng beieinander wie Heilung und Fatalität, die Komik der Nebenwirkung, bei denen wir den Arzt oder Apotheker fragen, und die Tragik des Laborberichts. Immer der gleiche Blick, aber der Blickwinkel ist immer ein neuer. Alle Erzählungen sind angelehnt an erlebte Episoden. Und es gibt da ja immer noch eine Schweigepflicht. Für den Leser übrig aber bleibt eine Fülle von Absonderlichkeiten, von denen die vielen Vorabendserien, in denen Chefärzte eine Rolle spielen, nur träumen.
Textauszug:
Beziehungen
Nein, Frau Große ist unerbittlich. Worum es ihr eigentlich ging, habe ich nie begriffen. Und jedes Mal höre ich von ihr: "Ach nein, Frau Doktor, es ist wirklich nichts, wenn man alt wird." Und jedes Mal kriegt sie dann von mir zu hören:
"Es ist aber auch nichts, wenn man nicht alt wird", aber das überhört sie. Sie tut mir leid und doch auch wieder nicht. Eigentlich ist Altwerden doch das Best, was einem passieren kann, wenn man die Alternative bedenkt. Und Frau Große hat keine schwerwiegenden Erkrankungen, könnte noch verreisen und sich an ihrer Familie erfreuen. Aber das will sie wohl alles nicht. Und dann wird das Altwerden zum Problem.