Lieblosigkeit, Alkoholexzesse, gewaltsamer Tod der Mutter – wie viel Leid kann ein Kind ertragen?
Die lange Krankheitsgeschichte der Autorin, die unzähligen seelischen Qualen und das Zerrissensein sind logische Folge der schrecklichen, trotz vieler Therapien zumeist unverarbeiteten Erlebnisse.
Ein bewegendes Buch.
Textauszug:
…Nichts wurde getan. Alles fiel in sich zusammen. Rechnungen wurden nicht mehr bezahlt. Kohlen holten Andreas und ich von der Baustelle. Der Strom wurde uns oft abgeklemmt. Ich schämte mich so für mein Zuhause. Niemanden nahm ich mit zu mir, nicht mal meine Freunde. Und keinem Menschen erzählte ich, was bei uns los war…
An meine Einschulung kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß auch gar nicht mehr, wie ich morgens in die Schule kam. Ich denke mein Bruder Andreas half beim Aufstehen. Er ist vier Jahre älter und war schon ein großer Junge. Jedenfalls in meinen Augen. Frühstücksbrote gab es nicht. Brot und Marmelade waren meistens noch da. Aber ich schämte mich, die mit zur Schule zu nehmen. Die Schüler, die den Hort besuchten, beneidete ich. Ich wäre gern noch länger in der Schule geblieben, nur um nicht nach Haus zu müssen. Zu Haus war niemand, und es war so kalt und ungemütlich. Bernd, mein Bruder, der zehn Jahre älter war, war schon erwachsen und kaum zu Hause. Nach der Armeezeit heiratete er und war weg. Wer konnte es ihn verdenken. Uwe, der mittlere Bruder, verbrachte seine Jugend im Jugendwerkhof. Er hatte immer die falschen Freunde und machte nur Mist. Viel später sagte er: Jacki, manchmal mache ich nur Mist, um dort wieder rein zu kommen. Ich kenne mich dort aus, habe ein geregeltes Leben und ein Dach über den Kopf.